Ist glutenfrei gleich gesund?
In den letzten Jahren rückte Gluten immer mehr ins Bewusstsein der Verbraucher. Für Menschen mit einer Zöliakie (autoimmun bedingten Glutenunverträglichkeit) ist das ein Segen, denn zum einen ist der Weg zur Diagnose heute viel kürzer, zum anderen gibt es jede Menge glutenfreier Produkte im Handel oder in Bäckereien. Auf der anderen Seite hat ein Hype auch immer Nebenwirkungen. Nicht jede Verdauungsstörung ist auf Gluten zurückzuführen, und Gluten ist nicht per se schädlich oder ungesund.
Mit unseren Tipps findest du auf jeden Fall den individuell richtigen Weg für dich, wie viel oder wenig Gluten in deine Ernährung gehört.
Unsere Tipps
Gluten ist in aller Munde und wird heute schnell für alle möglichen Symptome verantwortlich gemacht. Allerdings leiden nur etwa 0,2 bis 1 % aller Menschen in Mitteleuropa unter einer Zöliakie (eine Autoimmun-Reaktion des Darmes auf Gliadin, das im Klebereiweiß Gluten enthalten ist) oder einer Glutensensitivität anderer Ursache. Für alle anderen gilt: Es gibt trotz zahlreicher Studien bisher keine Hinweise, dass Gluten generell schädliche Einflüsse hat. Das heißt, du solltest nicht jedem Trend folgen, sondern wirklich bewusst darauf achten, was du verträgst und was nicht. Im Zweifelsfall solltest du mit deinem Arzt sprechen und auf eine Glutenunverträglichkeit testen lassen.
Hast du Verdauungsprobleme oder vermutest aus anderen Gründen eine Glutenunverträglichkeit? Dann sollte der erste Weg zum Arzt führen, denn es gibt auch eine ganze Reihe anderer Erkrankungen, die ähnliche Symptome auslösen können. Dazu gehören die Lactoseintoleranz oder die Fructosemalabsorption (die übrigens ebenfalls dazu führen kann, dass Brot und Vollkorn nicht vertragen werden). Auch stressbedingte Verdauungsstörungen, bakterielle Fehlbesiedelungen des Darms und Gallen- oder Bauchspeicheldrüsenstörungen sollte der Arzt ausschließen. Um eine Zöliakie nachzuweisen, wird das Blut auf bestimmte Antikörper untersucht. Da dieser Test nicht bei allen Zöliakie-Kranken positiv ist, wird der Arzt gegebenenfalls weitere Untersuchungen einleiten.
Auch ohne Bluttests lässt sich eine Glutensensitivität mit einer sogenannten Ausschlussdiät nachweisen. Aber Achtung: Einmal eigenmächtig damit begonnen, erschwerst du dadurch bei einer eventuellen späteren ärztlichen Untersuchung die Diagnose. Deshalb sollte die Diät idealerweise nach Rücksprache mit einem Arzt stattfinden. Für die Ausschlussdiät muss mehrere Wochen lang vollständig auf Gluten verzichtet werden. Es ist wichtig, dass die Diät absolut strikt eingehalten wird. Gehen die Symptome vollständig zurück, kann nach sechs bis acht Wochen der Umkehrtest stattfinden: Iss nun bewusst jeweils ein einzelnes, glutenhaltiges Lebensmittel, zum Beispiel Weizenmehl, Brot oder eine Portion Nudeln. Treten nach verschiedenen glutenhaltigen Speisen jedes Mal Symptome auf, kannst du relativ sicher sein, dass Gluten der Auslöser war.
In die Steinzeit wollen wir Frauen zwar in den meisten Bereichen nicht zurück. Geht es jedoch um die Ernährung, ist die Paleo-Ernährung (Steinzeiternährung) inzwischen zum Trend geworden. Es wird auf alle „neuzeitlichen“ Lebensmittel wie Getreide verzichtet. Verfechter der Paleo-Diät geben an, dass der Mensch sich seit der Steinzeit genetisch nicht so schnell an neue Ernährungsformen anpassen konnte. Sie führen Erkrankungen wie die Glutenunverträglichkeit auf diese fehlende Anpassung zurück. Die meisten Forscher sehen das allerdings anders. Deshalb gilt für die Paleo-Diät: Sie schadet auf jeden Fall nicht und es gibt viele Gründe die dafür sprechen, auf moderne Fertigprodukte und Lebensmittelzusätze zu verzichten. Aber hinterfrage die zugrundeliegenden Hypothesen kritisch und bilde dir dein eigenes Urteil.
Es ist immer richtig, sich über die Ernährung Gedanken zu machen. Doch das sollte in Ruhe und ohne Hysterie erfolgen. Über das Gluten liest man ein Sammelsurium von Horrormeldungen. Es soll Hormonstörungen auslösen, die Ursache für Depressionen und Autismus sein, das Gehirn „vernebeln“ oder als Klebereiweiß den Darm verkleben (was physiologisch unmöglich ist – aber der biologisch völlig anders bedeutende Begriff „Kleber“ verführt anscheinend zu solchen Annahmen). Auf der anderen Seite ist glutenfreie Ernährung gerade in den USA im Moment Trend, auch unter vielen Promis. Für diese ist es aber oft nur eine von vielen Low-Carb-Diätformen, die vor allem eine Gewichtsabnahme zur Folge haben sollen. Unser Tipp: Achte darauf, aus welchen Quellen Informationen stammen, und gehe entspannt mit dem Thema um.
Leidest du unter Verdauungsstörungen oder sonstigen Symptomen, bei denen du das Gefühl hast, sie hängen mit deiner Ernährung zusammen? Dann kann es helfen, ein Ernährungstagebuch zu führen. Dadurch bekommst du ein besseres Gefühl dafür, was du verträgst und was nicht. Dort kannst du auch alles andere notieren, was sich auf den Körper auswirken kann: Ob du viel oder wenig Stress hattest, ausreichend getrunken hast oder gut geschlafen hast. So lässt sich oft ein Muster erkennen. Wichtigster Tipp: Höre auf deinen Körper! Wenn du das Gefühl hast, Gluten bekommt dir nicht, dann lass es weg. Wenn du es gut verträgst, dann gibt es keinen Grund dafür, eine generelle Angst vor Gluten zu haben.
Es gibt unzählige glutenfreie Produkte, bei denen selbst die Hersteller ganz offen sagen, dass sie aus rein kommerziellen Gründen ins Sortiment genommen wurden, da sich das Label „glutenfrei“ gerade gut verkauft. Glutenfreie Produkte sind nicht immer gesünder, dafür oft überteuert. Besser ist: Achte auf eine ausgewogene, gesunde Ernährung mit frischen Produkten. Es spricht überhaupt nichts dagegen, die glutenhaltigen Getreidesorten (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer) öfter durch glutenfreie Alternativen (Amarant, Hirse, Buchweizen) zu ersetzen. Vielleicht entdeckst du dadurch gleich ein paar ganz neue, leckere Rezepte. Doch eine strikt glutenfreie Ernährung ist nur für Zöliakie-Kranke wirklich notwendig.
Glutenfrei zu backen ist nicht einfach. Dass Backwaren innen saftig sind und luftige Poren haben, außen dafür braun und knusprig werden, liegt unter anderem am Gluten. Deshalb enthalten glutenfreie Produkte und Fertigmischungen oft synthetische Zusätze.
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