Heißhungerattacken verstehen

Heißhungerattacken verstehen

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„Meistens ist Heißhunger ein Notruf des Körpers, weil es ihm an etwas mangelt: sei es Liebe, sei es Licht, sei es ein Vitamin – oder der Zucker im Blut.“ Marion Grillparzer in „Hey Heißhunger, jetzt bin ich der Boss!“
Eigentlich hast du dein Essverhalten ganz gut im Griff, doch plötzlich überfällt dich eine Heißhungerattacke nach Zucker, Fett oder Fast Food. Einem solchen Appetitanfall zu widerstehen, ist wirklich schwierig. Doch woher kommen die Attacken eigentlich? Wieso reagiert unser Körper manchmal mit so extremen Essgelüsten? Manchmal ist der Heißhunger Zeichen für einen Mangel. Oft steckt aber gar kein Hunger dahinter, sondern ein anderes Bedürfnis. Wenn du die Gründe für deinen plötzlichen Appetit erkennst, kannst du Heißhungerattacken besser vermeiden und kontrollieren. Das sind häufige Gründe:

Unsere Tipps

1 Heißhunger durch Stress

Einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Appetit und Stress kennen die meisten Menschen. Je höher die Anspannung und der Termindruck sind, umso mehr Appetit haben wir auf alle möglichen Leckereien. Dafür gibt es mehrere Gründe:

Wenn wir stark beansprucht sind, braucht der Körper (vor allem das Gehirn) besonders viel Energie, um gut zu funktionieren. Kohlenhydrate, zum Beispiel Zucker, bringen sehr schnelle Energie. Deshalb fordert der Körper durch den Heißhunger Süßes ein.

Wenn wir im Stress sind, lässt außerdem unsere Kontrollfähigkeit nach: Wenn unser Gehirn mit vielen Dingen beschäftigt ist oder wir uns unter Druck fühlen, können wir uns beim Essen schlechter beherrschen.

Gleichzeitig fehlt in stressigen Zeiten die Muße, uns gut um unsere Bedürfnisse zu kümmern. Wenn wir vor lauter Arbeit das Essen vergessen oder den Körper nur mit Snacks „ruhigstellen“, reagiert er mit Hungerattacken.

Die beste Möglichkeit, um Heißhunger durch Stress zu vermeiden, ist natürlich Stressabbau. Achte außerdem darauf, dass du gerade in Stresszeiten gut für dich und deinen Körper sorgst. Dann reduziert sich auch der Heißhunger.

2 Heißhunger durch schlechte Stimmung

Heißhunger kann vermehrt auftreten, wenn es uns nicht gut geht. Traurigkeit, Einsamkeit, Angst oder Überforderungsgefühle lösen manchmal eine Heißhungerattacke aus. Ganz verkehrt ist dieser Zusammenhang auch nicht: Essen, vor allem Süßes, setzt Glückshormone im Gehirn frei. Dadurch fühlen wir uns schon ein Stückchen besser. Es spricht also nichts dagegen, an gelegentlichen Frusttagen dem Appetit auf Schokolade, Kuchen oder Chips nachzugeben. Es darf nur nicht zur Gewohnheit werden! Wenn wir jedem kleinen Frust mit Essen begegnen, kann ein verhängnisvoller Kreislauf entstehen: Wir lösen unsere Probleme nicht, sondern überdecken sie nur mit Essen. Das dadurch entstehende Glücksgefühl ist aber nicht von Dauer, die negativen Gefühle kommen schnell wieder. Und jetzt haben sie auch noch schlechtes Gewissen oder ein ungutes Körpergefühl mit im Gepäck. Im schlimmsten Fall können wir bald echten Hunger nicht mehr von emotionalem Essen unterscheiden.

Wenn du weißt, dass du bei Frust zum Essen neigst, solltest du deshalb genauer hinschauen: Frage dich bei auftauchendem Hunger erst einmal, ob du einen Grund dafür finden kannst. Hast du wirklich zu wenig gegessen? Oder fühlst du dich nur traurig, gelangweilt oder alleine? Handelt es sich um ein emotionales Bedürfnis, dann solltest du es an der Wurzel packen, statt es mit Essen zu betäuben.

Übrigens: Bei Kindern sollten wir darauf achten, nicht die falschen Grundlagen zu legen. Wenn wir ihnen beim leisesten Quengeln Kekse, Äpfel und Laugenstangen in die Hand drücken, lernen sie schon im Kleinkindalter, jedes Unwohlsein mit Essen zu bekämpfen.

3 Essen als Belohnung

Endlich ist diese lästige Aufgabe geschafft, jetzt hast du dir aber wirklich ein Stück Kuchen verdient! Sich auf diese Weise mit etwas Leckerem zu belohnen, ist gar nicht so verkehrt. Schließlich solltest du deine Erfolge ruhig feiern und dir etwas Besonderes gönnen. Allerdings verknüpft dein Körper auf diese Weise Essen an Leistung und fordert es immer häufiger ein: Wenn du angestrengt bist, etwas Unangenehmes erledigt hast oder es einen Erfolg zu feiern gibt, entstehen dann immer häufiger Heißhungerattacken. Sorge deshalb dafür, dass Belohnungsessen die Ausnahme bleibt und besonderen Situationen vorbehalten ist. Im Alltag kannst du dich auch anders belohnen: mit einem tollen Schaumbad, einem Lesestündchen auf dem Sofa, einem Strauß Blumen oder einer Massage, die du dir mal wieder gönnst. Diese Belohnungen sind viel gesünder als Schokolade und Co.

4 Heißhunger als Signal für einen Mangel

Manchmal deutet Heißhunger aber auch auf einen körperlichen Mangel hin. Wenn du plötzlich Gelüste nach Steak und Schnitzel hast, könnten deine Eisenspeicher leer sein oder ein erhöhter Eiweißbedarf vorliegen. Wenn dich Heißhunger auf salzige Chips oder Pommes packt, brauchst du vielleicht nur Elektrolyte oder Mineralien, die du mit einem Isogetränk oder einem Becher Brühe zuführen kannst. Auch ein Kalziummangel kann hinter dem Salzhunger stecken. Achte dann vermehrt auf Milchprodukte in deiner Ernährung, die dich mit Kalzium versorgen.

5 Hungerattacken bei Diäten

Eigentlich möchtest du abnehmen, aber immer wieder packt dich die Esslust? Da kann es einen direkten Zusammenhang geben: Unsere Körper sind seit Urzeiten darauf gepolt, alles für genügend Nahrung zu tun. Auf ein Überangebot an Essen sind wir evolutionär nicht vorbereitet. Wenn du nun bei einer Diät sehr wenig isst und/oder dir bestimmte Nahrungsmittel komplett verbietest, hält dein Körper das für einen Nahrungsmangel. Er versucht dann, mit Heißhunger deine Motivation zu erhöhen, Nahrung zu beschaffen. Dazu kommt, dass unsere Selbstdisziplin nicht endlos funktioniert. Eine ganze Weile lang können wir uns von Schokolade, Pizza und Chips fernhalten, aber irgendwann bröckelt die Kontrollfähigkeit und wir schlagen so richtig zu. Wenn du das vermeiden möchtest, solltest du dir deine Lieblingsspeisen nicht komplett verbieten, sondern sie in kleinen Mengen genießen. Achte auf eine ausgewogene Nährstoffzufuhr, dann entsteht der verzweifelte Heißhunger nicht so leicht.

6 Heißhunger durch „Zuckersucht“

Zucker war in Urzeiten ein seltenes und wertvolles Gut: Wenn unsere Vorfahren Honig oder süße Früchte fanden, mussten sie zuschlagen, um die leicht verfügbare Energie aus dem Zucker zu nutzen. Deshalb lieben schon Säuglinge süßen Geschmack. Ein Übermaß an Zucker bringt jedoch unseren Stoffwechsel durcheinander: Der Blutzucker steigt stark an und sackt kurz darauf wieder in den Keller. Ein niedriger Blutzucker signalisiert unserem Körper: Zucker muss her! Auf diese Weise entsteht ein Kreislauf, der fast Suchtcharakter hat. Je mehr Zucker wir essen, umso größer wird der Heißhunger darauf. Aus diesem Teufelskreis auszusteigen, ist gar nicht so einfach. Vielen Menschen hilft es, für eine Weile so weit wie möglich auf Zucker zu verzichten, um ihren Körper zu „entwöhnen“.

7 Hungerattacken als Essstörung

Wenn du immer wieder massive Fressattacken bekommst und all die Tipps nichts helfen, dann leidest du möglicherweise an einer Essstörung. „Binge eating disorder“ heißt die Erkrankung. Die Betroffenen stopfen immer wieder in kurzer Zeit große Mengen an Nahrung in sich hinein und fühlen sich im Nachhinein schlecht. Sie haben das Gefühl, ihr Essverhalten überhaupt nicht im Griff zu haben und die Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Wegen der Schuld- und Schamgefühle finden die Essanfälle oft hinter verschlossenen Türen statt, sodass Außenstehende nur wenig von der Erkrankung mitbekommen. Viele, aber nicht alle, PatientInnen sind übergewichtig, denn im Gegensatz zu anderen Essstörungen kompensieren sie die übermäßige Nahrungsaufnahme nicht mit Erbrechen oder Fasten. Solltest du dich in dieser Beschreibung wiedererkennen, brauchst du wahrscheinlich professionelle Hilfe: In der Psychotherapie lernen Betroffene Strategien, um die Essanfälle zu vermeiden, und finden wiederkehrende Muster in ihrem Verhalten. Scheue dich nicht, frühzeitig Hilfe anzunehmen. Je eher eine Therapie beginnen kann, umso besser sind die Erfolgsaussichten.

!Wusstest du eigentlich...

In manchen Fällen können Heißhungerattacken auch auf körperliche Krankheiten hinweisen, zum Beispiel Diabetes oder eine Schilddrüsenüberfunktion. Auch manche Medikamente erhöhen das Hungergefühl. Wenn du immer wieder mit Heißhunger zu kämpfen hast, solltest du diese Probleme deshalb bei deinem Arzt/deiner Ärztin ansprechen.

Bildnachweis: ADragan/Bigstock.com

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