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Kurs Psyche und sexuelle Unlust: Lektion 2 von 5

Vitalität & Entspannung

Stress in der Partnerschaft, im Familienalltag oder bei der Arbeit wirkt sich vor allem bei Frauen negativ auf das sexuelle Lustempfinden aus. Während Männer Druck und Spannung oft über die Sexualität abbauen können, müssen sich die meisten Frauen entspannt und wohl fühlen, um in Stimmung zu kommen. Kreisen die Gedanken ständig um den Streit mit der Kollegin oder den Haushalt, ist es mit der Lust nicht mehr weit her.

Stress und Libido

Chronischer Stress ist ein Hauptgrund für körperliche Erschöpfung. Stresshormone blockieren das Gehirn. Insbesondere Cortisol ist ein Libidokiller, da es die für die sexuelle Lust erforderlichen Hormone reduziert. Die Betroffenen weichen ihrem Partner unbewusst aus, was wiederum zu Missverständnissen führt und der Harmonie der Beziehung abträglich ist.

Durch Entspannung zum Lustaufbau

Sex läuft über die Sinne. Sind Sie ständig im Stress, können Sie nicht mehr sinnlich sein und Ihr Gefühlsleben verflacht. Dabei empfinden Sie die sexuelle Unlust wahrscheinlich nicht einmal selbst als Mangel, da der tägliche Kampf mit unterschiedlichsten Anforderungen Ihre Lebenskraft aufzehrt. Arbeiten, Essen, Schlafen – mehr ist unter Dauerstress oft nicht möglich.

Verantwortlich für die sexuelle Lust ist das parasympathische Nervensystem. Es erhöht nicht nur den Blutfluss in den Genitalien, sondern macht Sie auch entspannt und sinnlich. Läuft durch die Stressbelastung Ihr sympathisches Nervensystem auf vollen Touren, bleibt das parasympathische System auf der Strecke und damit auch erotische Phantasien, Verführung und sexuelles Begehren.

Können Sie dem Stress entfliehen und sich geistig und körperlich entspannen, baut sich Ihr sexuelles Verlangen wahrscheinlich von allein wieder auf. Unter Umständen kann es jedoch hilfreich sein, dem Lustgefühl etwas auf die Sprünge zu helfen. Nachhaltige Entspannung können Sie mittels Body-Mind-Methoden, wie dem Body Scan, kultivieren.

Der Body Scan

Der Bodyscan ist eine achtsamkeitsbasierte Meditationstechnik. Bei dieser Art der Übungen geht es darum, die Aufmerksamkeit bewusst zu lenken, zum Beispiel auf den Atem oder den Körper. Ziel dieser Übungen ist es, das Hier und Jetzt wahrzunehmen und die Aufmerksamkeit von negativen Gedanken oder Gefühlen abzuziehen. Außerdem geht es darum, ein Wahrnehmen ohne Bewertung zu lernen und bereit zu sein, zu spüren, was spürbar ist und es so zu akzeptieren. Dabei können Sie lernen, auch mit negativen Empfindungen besser umzugehen. Achtsamkeitsbasierte Übungen wirken sehr entspannend und steigern das Wohlbefinden. Üben Sie den Body Scan regelmäßig, mindestens einmal am Tag.

Die Bodyscan- oder auch Körperreise-Übungen zielen darauf ab, den Körper ganz bewusst wahrzunehmen. Nach und nach konzentriert man sich auf die einzelnen Körperteile und versucht, jedes Detail zu spüren: Körperhaltung, Temperatur, Kontakt zur Unterlage, Verspannungen und vieles mehr. Probieren Sie es einfach mal aus!

Vorbereitung

Sorgen Sie dafür, dass Sie eine Weile vollständige Ruhe genießen können. Stellen Sie Telefon und Handy ab. Wählen Sie eine Zeit, in der niemand auf Sie wartet.

Ziehen Sie sich bequeme, aber auch wärmende Kleidung an und bereiten Sie sich eine Matte auf dem Boden vor, auf der Sie angenehm liegen können. Falls es kühl ist, legen Sie eine dünne Decke bereit, mit der Sie sich zudecken können.

Sobald Sie Ihre Umgebung vorbereitet haben, können Sie den Bodyscan starten. Wir wünschen Ihnen eine angenehme und entspannte Zeit!

Schritt für Schritt Anleitung

  1. Legen Sie sich bequem auf den Rücken und decken Sie sich zu, falls es kühl ist.
  2. Schließen Sie die Augen. In den nächsten Minuten geht es darum, Ihre Aufmerksamkeit auf Sie selbst zu richten, nicht auf Ihre Umgebung.
  3. Während dieser Übung müssen Sie nichts verändern. Nehmen Sie einfach nur wahr, was da ist, ohne es zu bewerten oder zu verbessern. Alles ist in Ordnung, so wie es ist.
  4. Beobachten Sie Ihren Atem. Spüren Sie die Luft, die durch die Nase oder den Mund in Ihren Körper strömt. Spüren Sie, wie sich Ihre Brust und Ihre Bauchdecke heben und senken, ganz von alleine. Wie fühlt sich Ihr Atem an? Ist er schnell oder langsam, flach oder tief? Welche Körperregionen werden vom Atem erreicht? Nehmen Sie nur wahr, was da ist. Sie müssen nichts verändern.
  5. Gehen Sie nun mit Ihrer Aufmerksamkeit weiter zu Ihren Füßen. Was können Sie hier wahrnehmen? Vielleicht ein Kribbeln? Spüren Sie die Temperatur, die Unterlage, die Decke oder die Socken. Wie fühlen sich die Zehen an? Die Fußsohlen? Die Fersen? Die Knöchel? Versuchen Sie nicht, Gründe für Ihre Wahrnehmungen zu finden oder sie zu verändern. Nehmen Sie einfach an, was da ist, ohne ihm zu viel Bedeutung zuzumessen.
  6. Wandern Sie nun mit Ihrer Aufmerksamkeit an Ihren Beinen nach oben. Wie fühlen sie sich an? Was können Sie spüren? Fühlen Sie in Ihre Unterschenkel hinein, in Ihre Knie und schließlich in Ihre Oberschenkel. Wenn störende Gedanken auftauchen, schicken Sie sie einfach wieder weg, ohne sie wichtig zu nehmen, und lenken Sie dann Ihre Aufmerksamkeit zurück zu der Körperregion, in die Sie gerade hineinspüren.
  7. Von den Beinen lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit zum Unterleib, zu Ihrem Gesäß, Ihrem Geschlecht und Ihrer unteren Bauchregion. Wie fühlt sich Ihr Körper hier an? Was können Sie wahrnehmen? Welche Gedanken oder Gefühle kommen auf?
  8. Als nächstes nehmen Sie den Rücken wahr, vom Kreuzbein bis zu den Schultern. Wo sind Verspannungen zu spüren, vielleicht sogar Schmerzen? Wo liegt der Rücken auf der Unterlage auf und wie fühlt er sich dort an?
  9. Beobachten Sie nun Ihren Bauch und Ihre Brust. Kommen Sie dabei noch einmal zum Atem zurück. Hat er sich seit Beginn der Übung verändert? Wie fühlt er sich jetzt an? Spüren Sie nach, wie die Luft in Ihren Körper hinein- und wieder herausströmt, ganz von selbst. Sie müssen nichts dafür tun, nichts verändern.
  10. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit jetzt auf Ihre Arme und Hände. Wie liegen sie auf der Unterlage? Wo sind Anspannungen, womöglich sogar Schmerzen? Auch hier müssen Sie nichts verändern, nehmen Sie einfach nur wahr, was da ist.
  11. Betrachten Sie mit Ihrer Wahrnehmung jetzt Hals, Kopf und Gesicht. Beißen Sie die Zähne aufeinander? Ziehen Sie die Stirn in Falten? Liegt vielleicht ein Lächeln auf Ihrem Gesicht?
  12. Kehren Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit noch einmal zu Ihrem Atem zurück. Betrachten Sie ihn einige Atemzüge lang ganz entspannt.
  13. Jetzt ist es Zeit, zurückzukehren. Machen Sie einige tiefe Atemzüge. Bewegen Sie langsam Finger und Füße, Arme und Beine. Dann öffnen Sie die Augen und kommen Sie wieder ganz in die Wirklichkeit zurück. Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit und genießen Sie die neue Entspannung.

Einfache Mittel zur Entspannung und Erhöhung der Sinnlichkeit

Wenn Sie Ihre Libido ankurbeln möchten, ist es wichtig, alles zu vermeiden, was Ihrer Lust schadet. Zugleich sollten Sie etwas tun, um Ihr sexuelles Verlangen aktiv zu stärken. Schon ein Vollbad kann wahre Wunder bewirken. In Kombination mit gedämpftem Licht und betörenden Düften ist der Aufenthalt in der Badewanne eine ideale Methode, sich zu entspannen.

Bereits folgende Dinge genügen, um Ihr Bad in einen Wohlfühltempel zu verwandeln:

  • Verwenden Sie dimmbares Licht oder Kerzen, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen.
  • Lüften Sie den Raum vor dem Bad gut durch und nutzen Sie anregende Räucherstäbchen, Duftkerzen oder ätherische Öle, um dezente Aromen in der Luft zu erzeugen.
  • Gönnen Sie sich ein Stück Schokolade und/oder eine Tasse Kaffee oder Tee. Beides trägt nicht nur zur Entspannung bei, sondern kann auch die Libido anregen.

Vorsicht: Alkoholische Getränke wie Wein können zwar ebenfalls entspannend wirken, sie können aber auch depressiv machen, zum Einschlafen verleiten oder, bei Männern, das sexuelle Leistungsvermögen herabsetzen.

Auch die Vorbereitung, die Inszenierung von sexueller Aktivität kann die Lust ankurbeln. Die Vorstellung der sexuellen Begegnung erotisiert. Erotisierung ist wiederum die Voraussetzung für sexuelles Reagieren. Die Aufmerksamkeit ist auf sexuelle Reize gerichtet, man überlässt sich der Erotik, die sexuellen Reaktionen können unwillkürlich, ohne bewusste Kontrolle, ablaufen.

Auch mit wenig Verlangen sexuell aktiv werden?

Sehen Sie es nicht als persönliches Versagen an, wenn Sie keine Lust auf Sex haben. Spontane Lust gibt es fast nur unter frisch Verliebten. Bei den meisten anderen entsteht sie erst, wenn sie selbst aktiv werden. Gerade in längeren Beziehungen, wenn die Lust nicht von selbst passiert, braucht es die Entscheidung, sexuell aktiv zu werden. Erotik lässt sich kultivieren, Sexualität planen. Verabreden Sie sich zum Sex! Lust lässt sich auch durch einen sexuellen Kontext beleben. Eine spielerische Haltung hilft dabei. Aber, wenn Sie in einer Phase der sexuellen Unlust keinen Geschlechtsverkehr möchten, muss Ihr Partner das akzeptieren. Setzt er Sie unter Druck, kann das Ihr sexuelles Verlangen noch weiter verringern, bis letztendlich gar nichts mehr geht.

Es bringt auch nichts, trotz mangelnder Libido Sex mit Ihrem Partner zu haben, um diesem einen Gefallen zu tun oder weil Sie Angst haben, ihn zu verlieren. Vielmehr sollten Sie mit ihm über das Problem sprechen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Auf Zärtlichkeiten sollten Sie dennoch nicht verzichten. Sich einfach nur in den Arm zu nehmen und zu streicheln ist schön, stimuliert die Produktion des Bindungshormons Oxytocin und lässt im besten Fall die Leidenschaft von ganz allein aufflammen.

Univ. Doz. Dr. Peter Hofmann: Stand 04.10.2017

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